Hochleistungskunststoffe
Wärme ins endlose Weiß– wie die richtige Dämmung eine Polarstation bewohnbar macht
Wärmedämmung ist meist eine Frage von Komfort und Energieeffizienz. An manchen Orten jedoch ist sie überlebenswichtig – wie auf King George Island in der Antarktis, wo die Temperatur selbst an „warmen“ Tagen noch unter Null liegt. Für den Bau einer neuen Forschungsstation fiel die Wahl deshalb auf den BASF-Dämmstoff Elastopir®.
Am Rand der Antarktis auf der Keller Halbinsel entsteht die brasilianische Forschungsstation „Comandante Ferraz“. Nach seiner Fertigstellung wird der von Stelzen getragene Komplex mit seiner dunklen Metallhülle fast wie ein UFO im endlosen Weiß der Landschaft schweben. Noch bis März 2019 werden hier knapp 5.000 Quadratmeter Forschungsfläche realisiert. Die Station besteht aus zwei Hauptblöcken – der obere beherbergt die Wohnbereiche der 64-köpfigen Mannschaft, während sich im unteren 17 Forschungslabore und die Betriebsräume befinden. Auftraggeber für den 600 km von Südamerikas Spitze entfernt gelegenen Bau ist die brasilianische Marine, im späteren Betrieb ist die Station dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie unterstellt. Aus einem 2013 gestarteten Wettbewerb ging das Architekturbüro Estudio 41 als Sieger hervor – und stand damit vor der Aufgabe, unter extremsten klimatischen Bedingungen eine sichere sowie komfortable Arbeits- und Wohnumgebung zu schaffen. Neben der reinen Funktionalität war dabei die Ästhetik des Gebäudes nicht zu vernachlässigen: Es galt, den Einfluss auf die lokale Umwelt mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt zu minimieren. Die Natur war es auch, die Planung und Bau so herausfordernd machte. Die Fassade der Station muss den extremen Minustemperaturen vor Ort ebenso standhalten wie großen Schneemengen und den oft sehr hohen Windgeschwindigkeiten. Auch sollte sie widerstandsfähig gegen Korrosion sowie möglichst wartungsarm sein – und ein optimiertes Brandverhalten aufweisen, nachdem die Vorgängerstation 2012 in Folge eines Unfalls einem Feuer zum Opfer gefallen war.
Exzellent unter extremen Bedingungen
Eine Dämmung, die all das leisten kann, wurde in einer neuen Generation von PU-Hartschäumen aus dem Hause BASF gefunden: Die Entscheidung fiel auf schwerentflammbare Sandwichelemente mit pentangetriebenem Elastopir®-Hartschaum – installiert von BASFs langjährigem Kunden Jingxue Energy Saving Technology Co., Ltd. Das Unternehmen ist Chinas führender Anbieter von energieeffizienten Dämmsystemen und Kühlhäusern. Dank seiner außergewöhnlichen Produkteigenschaften – zuvorderst seine geringe Wärmeleitfähigkeit und eine exzellente mechanische sowie thermische Stabilität – ist Elastopir® den Herausforderungen in der Antarktis auf allen Ebenen gewachsen. Zudem lassen sich mit dem Material hohe Brandschutzstandards auch dort erfüllen, wo andere Dämmstoffe an ihre Grenzen kommen, denn die mittels spezieller PIR-Katalysatoren gebildeten PIR-Strukturen halten Temperaturen bis 260 °C Stand. Bei Kontakt mit offener Flamme karbonisiert der PU-Hartschaum und schützt so die dahinterliegenden Strukturen. Elastopir-Systeme auf Basis von Polyisocyanurat (PIR) erfüllen alle Kriterien der bedeutendsten Brandprüfungen.
Auf alles vorbereitet
Um die Bauzeit unter den widrigen Bedingungen vor Ort zu minimieren, war gute Vorbereitung für alle Beteiligten essenziell. Sämtliche Dämmelemente sowohl für die Außenhülle der Antarktisstation als auch für spezielle Bereiche wie die Labore wurden in der chinesischen Zentrale von Jingxue vorproduziert, pünktlich bis zum Herbst 2018 ausgeliefert und dann in kürzester Zeit vor Ort auf King George Island verbaut. Darüber hinaus sorgte der Einsatz von Building Information Modeling Technology über alle Gewerke hinweg dafür, dass die Konstruktion in der Antarktis akkurat und schnell von statten gehen konnte. Umso wichtiger, als Fehler hier sehr viel Zeit kosten können: Selbst im antarktischen Sommer ist es möglich, dass Schneestürme die Arbeiten für Tage unterbrechen. Der Ersatz beschädigter oder die Nachlieferung fehlender Bauteile kann aufgrund der isolierten Lage sogar mehrere Wochen dauern.
Vielfältig im Einsatz –
zuverlässig im Ergebnis
Bereits zuvor haben sich die PIR-Lösungen von BASF bei sehr kalten Temperaturen bewiesen. Unter anderem kommen die Dämmelemente in der aktuell größten Indoor-Skihalle der Welt im nordchinesischen Harbin zum Einsatz. Bei konstant -5 °C können hier bis zu 20 Millionen Besucher jährlich ihrer Leidenschaft für das Skifahren nachgehen. Dabei sind die Anwendungsmöglichkeiten für Elastopir vielfältig: Ob im Industriebau, für Fabriken, Lagergebäude oder Kühlhäuser – mehrere Hundert Objekte in China und anderen asiatischen Ländern wurden bereits mit dem System ausgestattet. Zukünftig wird es seine Stärken auch in der Antarktis ausspielen. Damit selbst am südlichsten Ende der Welt warm und sicher geforscht werden kann.
Welche Herausforderungen birgt die Antarktis für Bauprojekte - und wie begegnet man ihnen? Darüber haben wir mit WU Siquan von Jingxue Energy Saving Technology gesprochen.
CORPUS:Als Jingxue bezüglich der Forschungsstation auf King George Island kontaktiert wurde – was waren Ihre ersten Gedanken hinsichtlich des Projektumfangs und der möglichen Herausforderungen?
WU Siquan: Wir wurden durch das Chinesische Ministerium für die Elektroindustrie informiert, dass das Brasilianische Militär den Neubau der antarktischen Forschungsstation plant und dass dafür unter anderem Fassadenpaneele benötigt werden. Zu diesem Zeitpunkt gab es vor allem zwei Herausforderungen: Zunächst mussten die einzelnen Platten eine Dicke von mehr als 200 mm haben, um den Anforderungen an Wärmedämmung in der Antarktis zu genügen. Das war gleichbedeutend mit hohen Ansprüchen sowohl an die Rohmaterialien als auch an die Fertigungsprozesse. Zudem sollten die verwendeten Materialien umweltfreundlich sein, besonders im Hinblick auf die Ozonschicht.
CORPUS: Haben Sie schon einmal ein Projekt wie die Comandante Ferraz Antarktis Station verantwortet – oder ist das selbst für Jingxue etwas besonderes?
WU Siquan: Dies ist das erste Mal, dass wir an einem solchen Projekt arbeiten.
CORPUS: Wenn wir die Größenordnung des Projekts betrachten – wie lange hat es gedauert, alle Paneele für die Fassade und zusätzliche Einrichtungen wie die Labore zu produzieren und auszuliefern?
WU Siquan: Wir mussten insgesamt 14.000 Quadratmeter Metallplatten liefern. Knapp sechs Monate dauerte die Vorbereitungszeit – inklusive Erstellen der Formen und Nachrüstung der Maschinen. Die Produktion hat beinahe ein Jahr gebraucht.
CORPUS: Wie haben Sie die Entscheidung für das genutzte Dämmmaterial getroffen – und warum ist sie schließlich auf Elastopir von BASF gefallen?
WU Siquan: Neben BASF haben wir auch mit anderen internationalen sowie heimischen Rohstoffproduzenten gesprochen. Der Hauptgrund für unsere Entscheidung für BASF war die Tatsache, dass die Anwendungen sehr ausgereift sind, was viele erfolgreiche Fallbeispiele belegen. Elastopir hat sich bewährt. Hinzu kommt, dass die BASF Teams sehr erfahren sind, was die Arbeit innerhalb internationaler Kooperationen angeht. Unser Projekt wurde durch den gemeinsamen Einsatz der Teams aus den Regionen Asien Pazifik und Europa zum Erfolg geführt.