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Kunststoffe & Gummi

Vom Abfall zu neuem Leben

Was passiert mit Kunststoffen am Ende ihres Lebenszyklus? Im Jahr 2020 wurden zwei Drittel der europäischen Post-Verbraucher-Kunststoffabfälle zur energetischen Verwertung oder auf eine Deponie gebracht, während nur ein Drittel recycelt wurde. Auf globaler Ebene sieht dies noch schlimmer aus. Ein solches Ende verursacht nicht nur CO2-Emissionen, sondern verschwendet auch wertvolle Ressourcen.

 

Das Kunststoffrecycling soll dem entgegenwirken, indem es den Kunststoff im Kreislauf hält und Verbrennung und Deponierung vermeidet. Es bedeutet auch, dass weniger fossile Rohstoffe für die Herstellung neuer Kunststoffe benötigt werden, da der Kohlenstoff im Produkt gebunden ist und nicht als CO2 in die Umwelt freigesetzt wird. Dies wird als Kreislaufwirtschaft bezeichnet. Auch in der Abfallhierarchie der Europäischen Union wird das Recycling gegenüber der energetischen Verwertung als grundsätzlich vorteilhaft angesehen. Das wirft die Frage auf: Wenn Recycling wirklich so viele Vorteile hat, warum funktioniert es dann nicht überall? Die Antwort lautet: Ganz so einfach ist es leider nicht, denn das Kunststoffrecycling birgt eine Reihe von Herausforderungen.

 

Warum aber wird nur so wenig Kunststoffmüll recycled?

 

Die größte Herausforderung für das Recycling besteht darin, dass die weltweite Infrastruktur für die Wiedererfassung nicht darauf ausgelegt ist, dem Recycler Material von guter Qualität zu liefern. Daher haben es die Recycler mit vielen verschiedenen Arten von Kunststoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften und unterschiedlicher Herkunft zu tun, von denen einige Materialmischungen enthalten. Diese Vielfalt stellt eine Herausforderung dar, wenn es darum geht, die Anforderungen an Haltbarkeit, Sicherheit, Flexibilität oder Stabilität des neuen recycelten Kunststoffs zu erfüllen. Gleichzeitig macht sie die Recyclingprozesse kompliziert und kostspielig. Der etablierteste, energieeffizienteste und wohl bekannteste Ansatz für das Recycling von Kunststoffabfällen ist das mechanische Recyclingverfahren. Dabei werden die Kunststoffabfälle getrennt, gewaschen, mechanisch zerkleinert und in einem Extruder zur Verwendung in neuen Produkten geschmolzen. Dieses Verfahren erfordert saubere, homogene und gut sortierte Abfallströme. Verunreinigungen der betreffenden Kunststoffabfälle erschweren das mechanische Recycling. Lebensmittelverpackungen enthalten beispielsweise häufig Lebensmittelreste, die vor dem Recycling entfernt werden müssen, um hochwertiges Recyclingmaterial - das so genannte Rezyklat - zu erhalten.

Unabhängig davon, wie homogen und gut gereinigt ein Kunststoffabfall ist oder wie optimiert der mechanische Recyclingprozess ist, leidet die Qualität mit jedem Recyclingweg, so dass eine endlose Iteration nicht möglich ist. Additive Technologien können den Abbau verhindern und die Lebensdauer von Kunststoffen verlängern, aber das Material wird über viele Zyklen hinweg abgebaut. Die recycelten Kunststoffe haben nicht mehr ihre ursprüngliche Leistung und sind daher in ihren Möglichkeiten eingeschränkt: Sie können nicht mehr in ihren früheren Anwendungen eingesetzt werden. Dies wird als Downcycling bezeichnet.

Eine weitere Herausforderung ist der Zugang zu bestimmten Kunststoffabfallströmen. Rücknahmesysteme für bestimmte Altprodukte und die Demontage von Produkten müssen vielerorts noch vorangetrieben und auf einen automatisierten Stand gebracht werden. Mobiltelefone oder Kühlschränke zum Beispiel lassen sich nur schwer oder gar nicht kosteneffizient in ihre Einzelteile zerlegen und recyceln.

Die meisten Produkte sind so konzipiert, dass sie bei ihrer Herstellung und Verwendung so wenig Ressourcen wie möglich verbrauchen und gleichzeitig die erforderliche Leistung erbringen. Dies führt oft zu effizienten, aber sehr komplexen Materialstrukturen, die nicht ohne weiteres wiederverwendet oder recycelt werden können. Hier setzt das "Design for Recycling" an. Ziel ist es, Produkte so zu gestalten, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer problemlos in den Kreislauf zurückgeführt werden können, indem beispielsweise möglichst wenige unterschiedliche Materialien und Komponenten verwendet werden. Bei diesem Ansatz wird jedoch die Tatsache unterschätzt, dass ein weniger komplexes, leichter zu recycelndes Produkt nicht immer den Anforderungen der jeweiligen Anwendung entspricht. Die Hersteller müssen ein Gleichgewicht zwischen den Anforderungen der Anwendung und der leichten Rezyklierbarkeit herstellen.

Speziell beim chemischen Recycling besteht eine weitere Herausforderung darin, dass die Technologie noch nicht allgemein anerkannt und akzeptiert ist. So definiert der EU-Rechtsrahmen das Recycling zwar technologieneutral, doch können die einzelnen EU-Mitgliedstaaten selbst entscheiden, inwieweit das chemische Recycling zur Erreichung ihrer Recyclingziele beiträgt. In Deutschland beispielsweise wird das chemische Recycling noch nicht als ein Verfahren anerkannt, das zur Erreichung der Recyclingziele für Kunststoffverpackungsabfälle beiträgt. Darüber hinaus ist eine vollständige Akzeptanz von Massenbilanzansätzen zur Zuteilung von Recyclinganteilen in Produkten erforderlich - auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene. Solange das chemische Recycling und der auf Gutschriften basierende Massenbilanzansatz nicht vollständig anerkannt sind, fehlt es an Rechtssicherheit und Anreizen für Investitionen in die Entwicklung dieser Technologie.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass oft unklar ist, wer die organisatorische und finanzielle Verantwortung für das Ende der Lebensdauer eines Produkts trägt. Ist es der Hersteller des Ausgangsmaterials, wie z.B. die BASF als Kunststoffhersteller? Oder ist es der Hersteller eines Endprodukts, zum Beispiel ein Unternehmen, das neue Produkte unter Verwendung unserer Kunststoffe herstellt? Oder ist es der Verbraucher, der das Produkt entsorgt? Der Ansatz der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) versucht, dieses Problem zu lösen. Das bekannte System des Grünen Punkts ist ein Beispiel für ein solches EPR-Instrument für Verpackungen. Ein Grüner Punkt auf einer Verpackung bedeutet, dass der Hersteller seinen Verpflichtungen nachkommt und die Kosten für die Abfallbehandlung der von ihm in Verkehr gebrachten Verpackungen trägt. Die EPR sendet somit ein Signal und zeigt, dass die Hersteller ein System organisieren und/oder dafür bezahlen, dass ihre Kunststoffabfälle gesammelt und recycelt werden. Derzeit ist das System jedoch nicht weit verbreitet und wird häufig in Anspruch genommen.

Was bedeutet dieses Umfeld für die BASF?

Kurz gesagt: Recycling ist oft leichter gesagt als getan. Dennoch können wir bei der BASF nicht akzeptieren, dass so viele Kunststoffe deponiert oder verbrannt werden, und wir sind uns unserer Verantwortung als Hersteller bewusst. Deshalb arbeiten wir kontinuierlich daran, unser Portfolio zu verbessern und Lösungen zu finden, um diesem wertvollen Material ein zweites Leben zu geben. Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir an verschiedenen Initiativen und Projekten, um Kunststoffe im Kreislauf zu halten. Ein umfassendes Kunststoffrecycling kann jedoch nicht von einzelnen Unternehmen oder über Nacht erreicht werden. Stattdessen müssen wir weiter zusammenarbeiten, um die richtigen technologischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen zu schaffen.